Interview mit der Schauspielerin Christiani Wetter und dem Regisseur Peter Kratz
„Der Ludwigsburger Theatersommer traut sich was. Das Ensemble spielt ein Stück, das zuerst als Roman von Truman Capote und dann als Film mit Audrey Hepburn in der Hauptrolle Weltruhm erlangte. Am Broadway floppte die Bühnenfassung. In Ludwigsburg, dem Ort der deutschen Erstaufführung von „Frühstück bei Tiffany“, wird das nicht passieren. Warum? Regisseur Peter Kratz hat schon viele Filmstoffe erfolgreich für die Bühne adaptiert und Hauptdarstellerin Christiani Wetter ist eine großartige Holly Golightly.“
Warum durfte Ludwigsburg als erstes Theater in Deutschland diesen Stoff spielen?
Peter Kratz: Wenn solche Stücke von Dezember bis Februar auf den Markt kommen, haben die meisten Theater ihre Spielpläne schon gemacht. Dazu kommt, dass wir auch bei renommierten Verlagen inzwischen einen guten Ruf haben. Aber man darf sich da nichts vormachen – wir sind für die Verlage auch so etwas wie ein Versuchsballon. Die großen Theater ziehen dann sehr zeitnah nach.
Am New Yorker Broadway wurde das Stück nach nur einem Monat abgesetzt. Warum?
Peter Kratz: Der Handlung des Romans fehlen wirkliche dramatische Motive. Es gab davor schon einige Versuche, den Stoff auf die Bühne zu bringen. Meistens am Broadway mit reichen Produzenten im Rücken, die unbedingt einen neuen Star entdecken wollten. Es sind bisher alle gescheitert. Trotz großer Stars in der Hauptrolle. Wir wagten also erneut das beinahe Unmögliche und setzten auf schauspielerische Vielfalt, hatten mit Christiani eine zauberhafte Holly gefunden und konnten zwischen den Zeilen auch etwas über den Autor Truman Capote erzählen.
Frau Wetter, was hat Sie an der Rolle gereizt?
Christiani Wetter: Natürlich ist es von jeder Schauspielerin, glaube ich, ein Kindheitstraum Audrey Hepburn in einem Theaterstück verkörpern zu dürfen. Was allerdings eine große Herausforderung war, denn logischerweise wird man mit der Film-Diva verglichen.
Peter Kratz: Jeder hatte Audrey Hepburns Holly Golightly vor Augen und wollte wissen, was eine junge Schauspielerin bzw. ein kleines Theater aus solch einem berühmten Stoff machen kann. Das war ein ganz spezieller Druck, mit dem wir jedoch positiv umgehen konnten. Auf jeden Fall haben wir uns mit viel Herzblut und Liebe auf den Stoff eingelassen.
Frau Wetter. Wie unterschied sich Ihre Holly von der Audrey Hepburns?
Christiani Wetter: Die Romanfigur der Holly Golightly ist eine spannende Figur, die sehr vielschichtig und vielseitig ist. Peter und mir war es wichtig, genau dies herauszuarbeiten. Im ersten Teil ist alles positiv, glamourös und schillernd. Aber dann wendet sich das Schicksal gegen Holly und man entdeckt ihre traurige Seite. Ich musste feststellen, dass ich nicht diese zarte, ganz filigrane Holly war, die Audrey Hepburn im Film darstellt. Wir haben darum eine etwas andere Frauenfigur gezeichnet – eben die Holly Golightly 2014.
Im Roman, im Stück tauchen sehr viele Personen auf. Wie haben Sie das hinbekommen mit Ihrem Ensemble aus fünf Schauspielern?
Peter Kratz: Das war tatsächlich eine Herausforderung. Allein Anja Barth spielte 10 der 25 Rollen. Aber die meisten Personen des Stücks tauchen nur ganz kurz auf. Für die Atmosphäre des quirligen New Yorks sind sie jedoch wichtig. Zum Glück sind die Akteure des Theatersommers rasche Kostüm- und Rollenwechsel gewöhnt.
Frau Wetter. Haben Sie sich den Film als Vorbereitung noch einmal angeschaut. Und wenn ja: Wie oft?
Christiani Wetter: Ja, hab ich, zumal es einer meiner Lieblingsfilme ist. Damals als mich Peter angerufen hat und fragte: Kennen Sie diese Rolle? Da musste ich lachen, denn als wir telefonierten stand ich in meinem Zimmer und starrte auf dieses riesige Audrey-Hepburn-Plakat mit ihrer Katze und ihrer Zigarette.
Peter Kratz: Ich habe das immer deshalb gefragt, weil es tatsächlich Schauspielerinnen gab, die den Film nicht kannten. Aber das waren natürlich die Wenigsten unter den insgesamt über 300 Bewerberinnen für diese Rolle.
Zur Musik. Waren die Kompositionen Henry Mancinis zu hören?
Peter Kratz: Die Musik lehnte sich stilistisch leicht an die des Films an. Es waren aber auch ein paar sehr schöne moderne Songs von der schottischen Band Psapp zu hören, die Christiani als Holly gesungen hat. Die Musik spielte überhaupt eine große Rolle, denn die Dialoge der Textvorlage sind nicht unbedingt literarisch wertvoll. Dafür haben wir tolle Situationen und Bilder geschaffen, die zu erleben sicher sehr viel Freude machte. Besonders in der tollen Open-Air Atmosphäre des Cluss-Theatergartens.
Herr Kratz. Wie gelang Ihnen die Gratwanderung zwischen himmelhoch jauchzend und zu Tode betrübt?
Peter Kratz: Das war das Schwierigste an diesem Stoff. Die Erwartungshaltung vieler Zuschauer war von den romantischen Motiven des Hollywood-Klassikers geprägt. Doch der Roman von Truman Capote setzt da ganz andere Akzente und thematisiert auch die Abgründe in der Figur der Holly Golightly, die der Hollywood-Streifen einfach wegbügelt. Deshalb haben wir versucht, mit sowohl poetischen als auch humorvollen Szenen eine Balance zwischen Tragik und Komik zu finden. Wenn man nicht alles mit dem Film vergleicht, war es sicher ein interessanter und schöner Theaterabend.
Das Interview führte Michael Langjahr
(Journalist des Ludwigsburger Wochenblatt)