Unaufmerksame Schüler nicht ermahnen müssen

Interview mit der Pädagogin Susanne Überschuss

Sie haben schon mehrmals mit verschiedenen Schulklassen die Schultheater-Aufführungen des Theatersommers besucht. Wie oft waren Sie mit Ihren Schülern beim Theatersommer?
Susanne Überschuß: Ich war schon dreimal mit Dritt- oder Viertklässlern beim Theatersommer und habe „Tintenherz“, „Kalle Blomquist“ und „Momo“ besucht.

Ein Theaterbesuch im Cluss-Garten. Ist das einfach nur ein willkommenes Kultur-Angebot kurz vor den Sommerferien oder gibt es noch andere Gründe, warum Sie das Schultheater des Theatersommers besuchen?
Susanne Überschuß: Der Theatersommer im Clussgarten bietet den Kindern ein ganz besonderes Theatererlebnis und ist aus meinem Terminkalender für den Sommer nicht mehr wegzudenken. Hier wird einmal nicht, wie so oft bei der Bildung, an den Kindern gespart, sondern auch für Kinder hochprofessionell inszeniert und gespielt. Außerdem gibt es wunderschöne und bis ins Detail liebevoll gestaltete Kulissen. Auch die Gesamtorganisation ist vorbildlich. Die Reservierung läuft unproblematisch übers Internet. Am Aufführungstag kann man bei unsicherer Wetterlage jederzeit übers Handy erfahren, ob die Vorstellung stattfindet. Vor Vorstellungsbeginn können die Kinder noch im Biergarten vespern. Und wenn ein Kind über Bauchschmerzen klagt, bekommt man einen Ruheplatz angeboten.

Spielt es für die Schüler überhaupt eine Rolle, dass die Aufführungen unter freiem Himmel stattfinden?
Susanne Überschuß: Der Atmosphäre des Clussgartens kann sich wohl niemand entziehen. Es fängt schon damit an, dass die Kinder über den kleinen, halb zugewachsenen Weg zur Aufführungsbühne gelangen. Sicher wird Theater intensiver wahrgenommen, wenn man nur zwei bis drei Meter von der Bühne entfernt sitzt, die sich in die Naturkulisse einfügt. Diese Nähe zu den Schauspielern übt eine besondere Faszination auf die Kinder aus.

Aus der Perspektive des Theatersommers sind die Kinder während der Aufführungen meist sehr konzentriert und identifziert mit den jeweiligen Geschichten. Teilen Sie diesen Eindruck oder stellt sich das aus der Perspektive der Pädagogin anders dar?
Susanne Überschuß: In der Tat sind die Kinder außerordentlich konzentriert und verfolgen das Geschehen auf der Bühne mit großem Interesse. Vor einem Besuch des Theatersommers muss ich mir als Lehrerin auch nicht überlegen, welche Lausbuben ich am besten neben mich setze, da die Kinder von der ersten bis zur letzten Minute von der Handlung gefesselt sind. Eine außerordentlich angenehme Randerscheinung, wenn man nicht ständig unaufmerksame Schüler ermahnen muss und der beste Beweis für eine tolle Inszenierung.

Stichwort: Nachhaltigkeit. Inwieweit entstehen durch die Theateraufführungen Impulse, die später im Unterricht aufgegriffen werden? Sprechen Sie mit ihren Schülern über die Aufführungen?
Susanne Überschuß: Es wird nicht jede Geschichte vor- oder nachbereitet, aber natürlich spricht man über die Aufführung, da die Kinder ihre Begeisterung auch mitteilen möchten. Es ist immer eine schöne Bestätigung für den Besuch des Schultheaters, wenn die Kinder am nächsten Tag fragen, ob wir die Vorstellung noch einmal besuchen können. Manche Kinder sind durch den Theaterbesuch so motiviert, dass sie danach das entsprechende Buch lesen. „Tintenherz“ hat uns etwas länger beschäftigt, da in unserem Lesebuch ein Auszug aus der Geschichte sowie ein Porträt über Cornelia Funke abgedruckt ist. Außerdem hatten wir noch einen Hörspielausschnitt, den sie selbst gesprochen hat. Unsere Viertklässler bekommen vom Förderverein der Schule ein Buchgeschenk als Abschied von der Grundschulzeit. Der Knüller war, dass ich ein Begleitbuch zu Tintenherz fand. Die Kinder waren begeistert und sogar Geschwisterkinder, die ich jetzt unterrichte, erzählen von diesem Buch.

Ronja Räubertochter, Tintenherz, Kalle Blomquist oder Momo. Gibt es konkrete Beispiele, wie die Schüler auf die jeweiligen Themen der Inszenierungen bzw. die Figuren reagiert haben?
Susanne Überschuß: Da in den Stücken einige Schauspieler mehrere Rollen spielen, sind die Kinder immer sehr fasziniert, dass ein Schauspieler so schnell in verschiedene Rollen und damit auch Charaktere schlüpfen kann. Ich persönlich finde es beeindruckend, dass die Charaktere z. B. von Bösewichtern mal stärker oder schwächer betont werden, je nachdem, ob mehr jüngere oder ältere Kinder im Publikum sitzen, wie mir Frau Wolff nach einer Aufführung von Kalle Blomquist erzählte.

Bei den Nachmittagsvorstellungen ist der Anteil an Erwachsenen genauso hoch wie der der Kinder. Können Sie das nachvollziehen?
Susanne Überschuß: Das kann ich nachvollziehen, da viele Kinder das Stück noch einmal sehen wollen und die Familien dann auch mit den Geschwistern eine Aufführung besuchen. Außerdem kann ich mir sehr gut vorstellen, dass sich die hohe Qualität und die pfiffigen Inszenierungen des Kindertheaters herumgesprochen haben und es somit auch für Erwachsene ein großes Vergnügen ist, die Stücke zu sehen. Alle meine Begleitmütter waren immer restlos begeistert.

Ihr persönliches Lieblingsstück im Kinder- und Familientheater des Theatersommers?
Susanne Überschuß: „Tintenherz“ ist mein persönliches Lieblingsstück im Kindertheater. Das hätte auch ich gerne noch einmal gesehen! Aber nicht nur der Theatersommer für die Kinder ist großartig, sondern auch die Vorstellungen für Erwachsene. Mein Lieblingsstück dort ist „Kinder des Olymp“.

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